*Auskotzen - Anfang*
Vom fairen Umgang miteinander – Toleranz, Respekt, Kritik und Wertschätzung
Liebe Eltern,
neben dem Bildungsauftrag haben wir in der Schule auch eindeutig einen Erziehungsauftrag. Wir versuchen den Kinder die Begriffe Toleranz, Respekt, Kritik und Wertschätzung zu vermitteln, adäquate Handlungsmöglichkeiten aufzuzeigen bzw. nicht adäquate Handlungen zu verbalisieren und die Kinder dahingehend zu sensibilisieren, so dass diese möglichst abnehmen bzw. irgendwann gar nicht mehr auftreten.
Das, was wir von den Kindern erwarten, sollte eigentlich unter Erwachsenen selbstverständlich sein. Sollte!
Im Verhältnis LehrerIn – Eltern kommt es immer wieder zu Situationen, die ich persönlich als sehr belastend empfinde. Nämlich dann, wenn Kritik nicht mir gegenüber geäußert wird, sondern im sozusagen „luftleeren“ Raum, also die sogenannte „Stammtisch-Kritik“, die irgendwo losgelassen wird, aber gerade in einem Dorf bzw. einer kleinen Stadt immer wieder auch zur Lehrkraft zurückkommt.
Zum einen wundert es mich immer, wenn Menschen, die weder Pädagogik noch ein Lehramtsstudium absolviert haben, pädagogische und didaktische Entscheidungen von den Fachkräften in Frage stellen, aber natürlich ist dies ihr gutes Recht in einem gemeinsamen Gespräch z.B. an einem Elternabend oder einem Eltern-Lehrer-Gespräch.. Zum anderen ist dies eine mehr als unfaire Art Kritik zu äußern, denn als LehrerIn kann ich darauf nichts erwidern. Ich kann weder Fehler einsehen und eingestehen, noch die Gründe meines Vorgehens darstellen bzw. erläutern. Hier fehlt mir eindeutig Respekt, Toleranz und vor allem Wertschätzung meiner Arbeit als Pädagoge/Pädagogin.
„Der Lehrer/Die Lehrerin ist schuld, weil …“ – damit kann man es sich als Eltern bzw. Elternteil manchmal einfach machen und somit sich selbst bzw. sein Kind „schützen“ – aber führt dies wirklich dazu ein Problem zu beheben? Nein, auch wenn ich eine solche Äußerung durchaus nachvollziehen kann, denn ich habe selbst einen Sohn, der eine Schullaufbahn hinter sich hat.
Hat ein Kind ein Problem – und dabei ist es unwichtig, ob dieses Problem im Sozial-, Arbeitsverhalten liegt oder ein Lernproblem ist - helfen wir dem Kind nur, wenn wir gemeinsam Regeln, Verhaltensweisen und z.B. Übungsformen absprechen und anschließend unseren Teil der Absprachen konsequent einhalten: eine Erziehungspartnerschaft, die sich gegenseitig Toleranz, Respekt und Wertschätzung entgegenbringt und die Kompetenzen des Gegenübers anerkennt.
Stellen Sie sich vor, ich stelle mich auf den Marktplatz von Usingen, auf den Sportplatz von Eschbach oder an die Kasse vom REWE und erkläre laut und für alle vernehmlich: „Die Eltern XY sind wirklich unfähig, sie haben mir ein Kind in die Schule geschickt, was andere körperlich und /oder mit Worten verletzt.“ oder „Die Eltern XY sind wirklich unfähig, sie schaffen es nicht täglich 10 Minuten mit ihrem Kind zu lesen.“ oder „Die Eltern dieser Klasse sind alle unfähig, die haben es nicht geschafft in sechs Jahren sozialkompetente Kinder zu erziehen und ich muss es nun ausbaden!“ – Ich gehe davon aus, dass dies zu großem Unmut, wenn nicht sogar zu einer Dienstaufsichtsbeschwerde führen würde und das mit Recht!
Wir Lehrkräfte sollen/müssen diese Art von Kritik jedoch ertragen?!
Natürlich kann man nun sagen: „Naja, die LehrerInnen werden dafür schließlich bezahlt.“
Ja, wir werden für unsere Arbeit bezahlt, aber das heißt nicht, dass die normalen zwischenmenschlichen und wichtigen sozialen Kompetenzen außer Kraft gesetzt werden. Auch wir LehrerInnen – die wir auch nur Menschen sind – haben Toleranz, Respekt, Wertschätzung und vor allem sachliche, uns gegenüber geäußerte Kritik verdient.
Und natürlich müssen wir uns auch immer wieder selbst hinterfragen, unseren Unterricht evaluieren und zu Veränderungen bereit sein.
*Auskotzen Ende*
Das gehört zu meinem Programm "Ich lasse mich durch meine Arbeit nicht mehr krank machen!" ;-) - Burnout-Vorbeugung!
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Junker (Samstag, 28 Juni 2014 20:35)
Recht so! Auch Lehrer sind Menschen, die es verdient haben respektvoll behandelt zu werden aber sehr viele Eltern wollen von ihren eigenen Erziehungsfehlern ablenken und alles auf die Lehrer abwälzen!
Nani (Sonntag, 29 Juni 2014 18:41)
Danke! Das habe ich auch gerade hinter mir - und dabei ging es um ein Mini-Missverständnis....
Jetzt gehts mir besser!
Antje Stein (Sonntag, 29 Juni 2014 19:09)
Liebe Dodo,
bei uns ist es der NP-Markt ...
Ich versuche immer, den Eltern zu verdeutlichen, dass sich durchs "Rumnörgeln" nie etwas ändern wird! Auf der anderen Seite wünsche ich mir von manchen Kolleginnen besser hinzuhören und nicht sofort auf Gegenangriff zu gehen. Wenn der kleinste gemeinsame Nenner das Wohl des Kindes ist und bleibt, dann kann man sich vielleicht auf halber Stecke treffen ;-).
Danke für deinen Blog-Eintrag, einen schönen "Rest-Sonntag", beste Grüße Antje
ELA (Sonntag, 29 Juni 2014 19:32)
Danke fuer die offenen Worte und den Mut, sie auch oeffentlich kund zu tun! Ich habe zu spaet auf mich selbst geachtet...
Ganz wohlgemeinte liebe Gruesse, ELA
Margit (Sonntag, 29 Juni 2014 20:08)
Ich bin schon sehr lange im Schuldienst und es hat mir so gut getan, dass du genau die Probleme mit manchen Eltern so treffend aufgeschrieben hast. Du hast so Recht, es auszusprechen, bevor man krank wird.
Respekt!
Ganz liebe Grüße
Margit
Junas (Sonntag, 29 Juni 2014 20:18)
Wahre Worte, sehr treffend formuliert!
Wir Lehrer finden uns leider viel zu oft in solchen Situationen. Ständig wird gemeckert, sich eingemischt, gelästert. Da muss man seinem Frust auch mal Luft machen dürfen!
Lieben Gruß!
Meg (Sonntag, 29 Juni 2014 20:26)
Liebe Dodo,
ich danke dir, dass du dies mit uns teilst. Wie gerne würde ich exakt deinen Wortlaut kopieren, ausdrucken und an die Eltern verteilen - oder vielleicht sogar bei der Abschlussfeier in 2 Wochen vortragen... Als ich vor 1 1/2 Jahren aus der Elternzeit zurückkam, durfte ich mich mit genau dieser "Stammtisch-Kritik" auseinandersetzen. Auch wenn die Vorwürfe absolut absurd waren, hat es mich doch verletzt. Wissen die Eltern, was sie mit ihrem Verhalten anrichten können? Zum ersten Mal in meinen 6 Jahren als Lehrerin hatte ich keine Lust auf Schule. Mittlerweile haben sie mich als die Neue ihrer Kinder akzeptiert, aber bei jedem Treffen bleibt ein fader Beigeschmack, da ich genau weiß, was da hinter meinem Rücken abgelaufen ist. Nun freue ich mich darauf, nach den Ferien mit "neuen" Eltern anzufangen :)
Viele Grüße
Meg
Sonja (Sonntag, 29 Juni 2014 20:28)
Ach, du hast ja so recht. Gut geschrieben! Ich hoffe dir geht's jetzt besser. Mich macht so ein Verhalten auch wütend und ich finde es sehr verletzend, weil man nicht wirklich drauf reagieren kann.
Lieben Gruß! Mach weiter so! ich lese sehr gerne bei dir und auch in der Tigerklasse
Valessa (Sonntag, 29 Juni 2014 20:32)
Ich kenne diese Zusammenkünfte, wo sich oftmals sehr "heiß geredet" wird. Man kennt das ja auch aus dem Freundeskreis, wenn man ein Thema hat und sich da mit der besten Freundin so reinsteigert. Ich finde es total gut und mutig, dass du das hier so schreibst.
Ich hoffe man wird auf dich zukommen und dir die Chance geben, genau das zu tun, was du oben beschreibst. Nämlich, dich wenn es nötig ist zu rechtfertigen oder einfach zu erklären, was DU DIR gedacht hast.
Ich hoffe für dich, dass man so fair zu dir ist! Alles andere wäre wirklich schlimm!
Ich hoffe auch, dass du das ganze nicht zu hoch bewertest (womit ich meine, dass es dich nicht zu doll angreift), denn ganz ganz sicher, weiß man deine Arbeit trotzdem zu schätzen und hat einfach nur vergessen, dass alles andere wirklich gut läuft! Manchmal kochen Situationen hoch und das war bestimmt in diesem Fall auch so!
Ich wünsche dir gute Nerven und dass alles so "ausgeht" wie du es dir wünscht.
Liebe Grüße *valessa
Susanne (Sonntag, 29 Juni 2014 20:33)
Liebe Dodo,
vielen Dank für deine so treffenden Worte - du schreibst sie mir aus der Seele...
Was ist passiert in unserer Gesellschaft? Ich erinnere mich an meine Schulzeit - LehrerInnen und ErzieherInnen wurden ebenso geachtet wie die eigenen Eltern - sie waren bzw. sind schließlich mit die wichtigsten Bezugspersonen im Kindesalter... Und heute bekommt man teilweise solche Seitenhiebe, dass ich mich manchmal frage, ob nicht besser die Eltern Sozialkompetenztrainings etc. absolvieren sollten. Respekt ist das Zauberwort eines normalen Umgangs miteinander - doch dieser ist anscheinend für so manche Eltern ein Fremdwort geworden...
Traurig für uns - für die Kinder - und vor allem für die Perspektive unseres Miteinanders
Liebe Grüße, Susanne
bergziege (Montag, 30 Juni 2014 15:15)
Liebe Dodo,
du sprichst mir aus der Seele. Ich finde die Idee mit dem Marktplatz und dem Laden echt gut. Das sollte man echt mal machen;.))
bergziege
erleben-sehen-geniessen (Montag, 30 Juni 2014 17:06)
Upps, ich bin ganz baff über soviele zustimmende Worte - obwohl mir eigentlich klar war, dass ich nicht allein mit diesem Problem dastehe..
Danke euch trotzdem von Herzen, es tut gut euere Worte zu lesen!
Liebe Grüße
Gabi
Christiane (Montag, 30 Juni 2014 22:14)
Hallo Gabi,
gut gemacht, Daumen hoch. Ich gebe Dir vollkommen Recht. Als Mama in Deiner Klasse hast Du da auch meine volle Rückendeckung und meinen Respekt. Ich finde auch Lehrer/in dürfen sich kritisch äußern, vorallem dann wenn es unfähr ist. Bin nur froh das ich nicht zum Stammtisch gehe . Du bist so eine tolle und gute Lehrerin, nimm es Dir nicht so zu Herzen. Ich weiß wovon ich rede, da wir schon einige Jahre durch die Grundschule zusammen, mit meinen Kindern, gehen. Offen und Ehrlich
Lg Christiane
Steffi (Mittwoch, 10 September 2014 20:31)
Danke für deine ehrliche Art!