Samstag, 06.07.2019 - Endlich wieder in Schottland

Ich hatte gut geschlafen, auch wenn die See viel unruhiger war, als bei meinen letzten beiden Fahrten.

 

Um 6 Uhr klingelte mein Wecker und ich machte mich gemütlich fürs Frühstück fertig – die "Klodusche" ließ ich aus, man kann sich ja auch gründlich waschen. Pünktlich um 7 Uhr öffnete das Buffet-Restaurant seine Tore. Ich ließ mir Eier, Bacon, Champignons und Bohnen schmecken. 

Der Kaffee, den man in einer Thermoskanne auf den Tisch bekam, war allerdings ungenießbar. So blieb ich bei Saft, der nicht wesentlich besser war und holte mir anschließend in der Bar einen ordentlichen Latte, den ich an Deck genoss. Ok, irgendwie könnte das Wetter besser sein - da wusste ich noch nicht, wie oft ich in diesem Urlaub genau den gleichen Gedanken haben würde.

Nach dem Zähne putzen packte ich dann meine sieben Sachen und ging  wieder an Deck, um die Einfahrt in den Port of Tyne zu verfolgen, die ich letztes Jahr irgendwie verpasst hatte. Also nicht, dass das besonders aufregend war, aber es war mein besonderer Ankunftsmoment. Ich war wieder da!

Und dann begann leider das große Warten. Ich fuhr als eine der Letzten von der Fähre und entsprechend lang war die Einreiseschlange. Es waren nur zwei Häuschen besetzt und die Briten nahmen es mehr als genau. Ca. 1 3/4 Stunden nach Anlegen der Fähre konnte ich endlich britischen Boden befahren.

 

Die ersten Roundabouts absolvierte ich dieses Mal mit "links", war aber trotzdem froh als ich Großraum Newcastle hinter mir lassen konnte und das Navi mich Richtung Gretna Green leitete.

 

 

"Gretna Green" - in vielen Romanen hatte ich schon davon gelesen und dieses Mal wollte ich mir den Ort persönlich ansehen.

 

Gretna Green ist ein Dorf in Südschottland an der Grenze zu England. Gretna Green gehört zu den bekanntesten und beliebtesten Hochzeitsorten der Welt; jährlich werden dort etwa 5000 Ehen geschlossen. Der Ort wurde über 200 Jahre lang von minderjährigen Paaren aus England, bald aber auch aus Teilen des übrigen Europas zur Hochzeit aufgesucht, weil sie hier ohne Erlaubnis der Erziehungsberechtigten eine Ehe schließen konnten.

 

Lange Zeit galten in Großbritannien keine festen Regeln zur Schließung einer Ehe. Im Jahre 1753 verabschiedete das britische Parlament den Lord Hardwicke's Marriage Act, der unter anderem für eine Heirat zwischen Minderjährigen die Einwilligung der Eltern forderte. Dieses Gesetz galt nur für England, nicht aber in Schottland. Dort durften weiterhin Jungen mit 14 und Mädchen mit 12 Jahren eine Ehe ohne elterliche Zustimmung schließen.

 

Diese Regelung sprach sich sehr schnell herum: Viele minderjährige Paare flohen aus England und das erste Dorf hinter der schottischen Grenze war Gretna Green. Das schottische Gesetz verlangte seinerzeit zu einer Eheschließung lediglich eine Erklärung in Anwesenheit von zwei Zeugen, so dass beinahe jeder zur Abnahme einer Ehezeremonie berechtigt war. In Gretna Green hatte sich der Schmied als Amtsperson für die Eheschließung etabliert. Die Hochzeiten fanden in seiner Schmiede statt, und der Amboss bekam bei den dortigen Trauungen eine besondere Bedeutung. Die Trauungen wurden vor dem Amboss durchgeführt und zum Ende der Zeremonie mit einigen Hammerschlägen auf den Amboss bekräftigt.

 

Über mehr als 200 Jahre wurden Minderjährige hier getraut. Es kam immer wieder zu dramatischen Szenen, da Väter ihr Kind auf dem Weg verfolgten und versuchten, die Hochzeiten in letzter Minute zu verhindern.

 

 

Ab 1856 verlangte das schottische Gesetz, dass die Ehepaare vor der Eheschließung sich mindestens 21 Tage in Schottland aufgehalten haben müssen. Diese Regelung wurde 1977 wieder aufgehoben. 1929 wurde das Mindestalter für eine Eheschließung auf 16 Jahre heraufgesetzt, wobei immer noch keine elterliche Einwilligung verlangt wird. (Quelle Wikipedia)

 

Heute ist die ehemalige Schmiede zu einem Museum umgebaut, ansonsten gibt es diverse Souveniershops, ein Selbstbedienungsrestaurant und immer noch ein Trauzimmer.

 

 

Gegen 14 Uhr erreichte ich den Parkplatz und war gleich ein wenig ernüchtert: es war voll und vor allem die vier Reisebusse schreckten mich ein wenig ab. Trotzdem wollte ich mir die Füße vertreten und startete meinen Kurzbesuch direkt an der großen, metallenen Distel - der Nationalblume Schottlands. Da ich bestimmt in der nächsten Stunde kein Foto des gesamten Kunstwerkes ohne Menschen machen konnte, gab es nur einen Ausschnitt, bevor ich über das Gelände bummelte.

Mir war das Ganze zu trubelig, ich holte mir jedoch noch ein Eis und eroberte einen Platz auf einer Bank. Um mich herum machten Inder und Chinesen Selfies vor der Auslage eines Geschäftes. Plötzlich begann die Litterbox neben meiner Bank zu qualmen und zu stinken. Ein vorher noch fröhlich rauchender Chinese machte ein entsetztes Gesicht und verschwand dann schnell zwischen seinen Landsleuten  - er hat wohl einfach seine brennende Zigarette in die Müllbox geworfen. Schnell war ein Mitarbeiter da und löschte das Ganze mit einem Eimer Wasser. Da war ich doch knapp einem Brandanschlag entkommen.  ;-) Das nahm ich zum Anlass diesen Ort zu verlassen. Meine romantische Ader bekam hier kein Futter.

 

 

Vielleicht bei meinem nächsten Stopp mit dem schönen Namen „Sweetheart Abbey“ ?

Das Kloster Sweetheart  ist ein ehemaliges Zisterzienserkloster in Schottland. Es liegt rund 13 km südlich von Dumfries. Das Kloster wurde im Jahr 1273 von Dervorguilla de Balliol zur Erinnerung an ihren Ehemann John de Balliol, auf dessen hier einbalsamiertes Herz der Name der Abtei zurückgeht, als letztes schottisches mittelalterliches Zisterzienserkloster gestiftet. (Quelle Wikipedia)

Leider war ein Teil der Ruine eingerüstet, dennoch machte der Besuch Spaß. Es waren nur drei weitere Besucher da und ich konnte meinem Drang alte Grabsteininschriften zu lesen intensiv frönen.

Im Cafe gegenüber gönnte ich mir noch einen Latte, bevor ich noch einmal nach Dumfries zurückfuhr, denn ich hatte das Tanken vergessen.  Dabei nahm ich die ersten Meter durch New Abbey tatsächlich auf der falschen Straßenseite  ;D - der mir entgegenkommende Fahrer trug es jedoch mit Humor.

 

Dumfries scheint ein hübsches Städtchen zu sein, leider war es schon relativ spät und so fuhr ich nach erfolgreichem Tanken weiter, denn ich hatte noch ein paar Meilen auf Single Track Roads vor mir.

 

 

Unterwegs kam ich an einem Aussichtspunkt vorbei. Leider musste ich auf der Straße parken, denn der Parkplatz war durch WoMos zugestellt, die dort wohl nächtigen wollten. Das ist mir dieses Jahr ziemlich oft passiert. Verstehen kann ich es nicht, denn die WoMos stehen dicht gedrängt und können kaum ihre Tür öffnen. Da hat man doch auf einem Campingplatz mehr Raum. Aber ich muss ja auch nicht alles verstehen.

Der Blick war schön, mir aber noch zu wenig schottisch.

 

 

Gegen 18 Uhr erreichte ich Southerness. Hier wollte ich mir  vor allem den Leuchtturm ansehen, leider war die Tür geschlossen. So blieb es beim Blick von außen.

Anschließend holte ich mir in einem Imbiss Fish & Chips, die ich gerne an einem Strand verspeisen wollte. Leider bekam ich am nächstgelegenen Beach keinen Parkplatz, so dass ich schließlich bis nach Kippford fuhr, wo ich für zwei Nächte ein Zimmer im Anchor Inn gebucht hatte. Ich aß den Fisch auf einer Bank am Wasser. Das Essen war aber extrem fettig, so dass die Chips leider im Müll landeten.

 

Ich blieb noch eine ganze Weile sitzen, trank ein Bier, telefonierte mit Peter und genoss die Stille. Kippford ist wirklich winzig und wenn die Tagesgäste weg sind, ist es fast einsam.

Gegen 21 Uhr checkte ich dann ein, ich war schon müde, eine Dusche musste aber noch sein.

 

Mein Zimmer war ausreichend groß und sauber, die Möbel  aber schon etwas abgewohnt. Es ging zur Straße hin, Autos fuhren aber keine. Im Garten war noch ordentlich Andrang, denn das Hotel ist gleichzeitig ein Pub, was mich aber trotzdem nicht am Einschlafen hinderte, bevor ich auch nur vier Seiten meines Buches gelesen hatte.

Übernachtung: The Anchor Hotel, Kippford , ca. 163 € für 2 Nächte

gefahrene Kilometer: 197

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